Die Rolle des Management
Obwohl Training Within Industry (TWI) sich größtenteils mit der Entwicklung von Wissen und Fähigkeiten von teamleiterähnlichen Rollen (bei TWI Supervisoren
genannt) beschäftigt, braucht diese Entwicklung von Supervisoren auch Führung und eine unterstützende Kultur. Leadership und Management spielen dabei eine
wichtige Rolle.
Immer mehr Unternehmen wenden TWI an, wobei in den meisten Fällen die Module Job Instructions oder Job Relations zum Einsatz kommen. Der Gedanke, dass das Verbessern von Methoden zu den täglichen Aufgaben der Führungskräfte gehört, stößt immer mehr auf Verständnis. Bei dem Training und der Einführung der Programme Job Instruction, Job Relation, Job Methods und Job Safety sind Führungskräfte als Supervisoren die Zielgruppe. Wenn sie die Kenntnisse erworben haben, beginnen sie, Fähigkeiten in diesen Bereichen zu entwickeln.
Aufgaben des Managements
Es liegt im Interesse des Managements, Supervisoren zu unterstützen, um das System am Laufen zu halten und nicht zu viel eingreifen zu müssen. Anderseits möchte das Management sicherstellen, dass die Stärken der Methode ihre Wirkung entfalten können – deshalb muss eingefordert werden, dass die Methoden auch angewendet werden.
Richtung geben
Bei der Führung eines Unternehmens besteht die Hauptverantwortung darin, dass für das Unternehmen eine klare Vision und Strategie definiert und den Mitarbeitern erklärt wird. Somit entsteht eine klare Ausrichtung und alle Mitarbeiter wissen, wie ihre Arbeit zur Erreichung der Gesamtziele des Unternehmens beitragen kann. Wenn die Richtung klar ist, kann jeder Mitarbeiter selbst einschätzen, ob seine Arbeit zu dem Gesamtziel beiträgt. Damit bekommt die Arbeit einen Sinn – und das ist es, was Menschen motiviert. Wenn die Vorstellung von der Zukunft konkret dargestellt ist, werden weniger "Warum"-und "Wozu"-Fragen gestellt. Eine Vision verbindet die Mitarbeiter und ist eine Grundvoraussetzung für Zusammenarbeit. Je konkreter Vision und Strategie sind, desto einfacher wird es für die Mitarbeiter, ihre Arbeit mit Inhalten zu füllen, da sie leichter beurteilen können, wo die Prioritäten sind. Dasselbe Prinzip gilt bei der Einführung von TWI: Das Management soll konkretisieren, wie TWI das Unternehmen bei der Erreichung seiner Ziele unterstützen kann. Abhängig von der Zielvorstellung des Unternehmens sind folgende "Gaps" sichtbar (s. erste Abb.):
1. Neue Mitarbeiter müssen angelernt werden.
2. Langjährige Mitarbeiter müssen neue Tätigkeiten/Produkte erlernen.
3. Innerhalb der Organisation sind unterschiedliche Arbeitsweisen vorhanden, die zu Unterschieden bei Qualität, Arbeitssicherheit oder Leistung führen.
Stabilität einfordern
Auf jeden Fall sollte das Management einfordern, dass die Organisation an ihrer Stabilität arbeitet, indem Standards entwickelt und eingehalten werden. Oft fehlt es an gemeinsamen lebendigen Standards oder die bestehenden existieren nur auf dem Papier und die Praxis sieht ganz anders aus. Wenn man mit Job Instruction beginnt, wird eine Vorgehensweise erlernt, um in einer kleinen Gruppe gemeinsame Standards festzulegen. Zum Anleiten von Mitarbeitern ist der Unterweisungsstandard ein Tätigkeitsanalyseblatt. Somit kann der Anleiter den Mitarbeitern die gewünschten Inhalte der Arbeit vermitteln. Während dieses Prozesses kommen Schwachstellen der bisherigen Qualitätsstandards und anderer Arbeitsstandards an die Oberfläche. Diese sollten dann nach Bedarf ebenfalls verbessert werden. Das Management sollte sicherstellen, dass die Erstellung oder Anpassung von Standards zeitnah umgesetzt wird. Für die Erstellung dieser Arbeitsstandards werden oft externe Personen von außerhalb der Produktion hinzugezogen. Dadurch können Probleme bei der Nachhaltigkeit entstehen: Ingenieure oder Techniker beschreiben die Inhalte zu kompliziert, die Sprache am Shopfloor ist anders. Zudem verfügen Ingenieure nicht über das gesamte Wissen aus der Praxis. Da sie in der Regel nicht selbst die Arbeit ausführen, sind sie nicht in der Lage, die Knackpunkte und Tricks im Rahmen der Tätigkeit zu erkennen. Anderseits haben Ingenieure Wissen über spezifische Hintergründe des Systems und sind oft in der Lage, wichtige Beiträge zur Erstellung der Standards zu leisten. Die Lösung für dieses Dilemma liegt in einer guten Zusammenarbeit: Ingenieure und einige Experten (= Mitarbeiter, die die Tätigkeit ausführen und die Hintergründe auch verstehen) sollten als Gruppe die Standards erstellen. Es ist auch möglich, dass die Experten gemeinsam eine erste Version erstellen, die im Nachhinein dann von Ingenieuren und Technikern überprüft wird. Das bedeutet, dass Techniker oder Experten überprüfen, ob die Inhalte der Standards den Anforderungen entsprechen. Der "Stil" oder die "Schreibart" soll hingegen von den Anwendern bestimmt werden. Wenn Standards von mehreren Experten definiert werden, entstehen Diskussionen und es kann die beste Arbeitsweise gewählt werden: somit entsteht mehr Einheit und Stabilität.
Supervisoren weiterentwickeln
Die Aufgabe des Managements ist es also zu fordern, dass die Supervisoren selbst Standards erstellen und unterweisen. Dazu müssen diese natürlich auch befähigt werden, am besten durch Training. Nach dem Training sollten die Supervisoren immer wieder aufgefordert werden, die neu erlernten Fähigkeiten weiter zu üben und zu entwickeln – am besten durch klare Aufgaben, mit denen sie die gelernten Kenntnisse und Fähigkeiten weiter in der Praxis umsetzen können. Die Vorgesetzten dieser Supervisoren agieren als Coach und sie haben selbst in der Vergangenheit die angewendete Methode erlernt. Deshalb wissen sie, was ihre Supervisoren nach dem Training machen sollen, damit diese das gelernte Wissen und ihre neu entwickelten Fähigkeiten weiter ausbauen und stärken können. Und wenn dies ein Vorgesetzter nicht kann, dann ist es wichtig, ihm die Methode nahezubringen und seine Rolle als Coach zu erläutern. Das Management sollte konkrete Ziele für die Umsetzung von Job Instruction und Verbesserungen definieren und beobachten, wie gut die Beziehung der Supervisoren zu deren Mitarbeitern ist. Dazu ist es wichtig, dass das Management einen geeigneten Pilotbereich auswählt. Das heißt: Es soll in diesem Bereich eine konkrete Notwendigkeit vorhanden sein, jemanden anzulernen. Und es soll daran gearbeitet werden, Qualität, Arbeitssicherheit, Liefertreue oder Produktivität in diesem Bereich zu steigern. Wenn nach der Umsetzung die Ergebnisse aus diesem Pilotbereich kommuniziert werden, dann ist das für Mitarbeiter und Supervisoren ein Ansporn, damit weiter zu machen. Zu festgelegten Zeiten wird mit den Supervisoren über die Entwicklung von deren Mitarbeitern und über die Beziehungen zu ihnen gesprochen. Es ist wichtig, dass sich der Supervisor jeden Tag um diese Arbeitsinhalte kümmert. Für das Management bedeutet das, auch regelmäßig die Entwicklung zu beobachten und in der Lage zu sein, zu coachen. Es ist Aufgabe des Managements, Supervisoren bei der Anwendung der Methoden zu unterstützen und ihnen zu helfen, dabei besser zu werden – OHNE dabei Lösungen vorzugeben. Wenn ein Manager Lösungen vorgibt, dann kommt die Entwicklung des Supervisors zum Stillstand, da von ihm nicht gefordert wird, eigene Lösungen zu erarbeiten und er sich so nicht weiterentwickelt. Außerdem besteht beim Vorgeben der Lösung nicht nur die Gefahr, dass der Supervisor nicht aktiv weiter denkt, es kommt noch schlimmer: Ab dem Moment, wo ein Manager Lösungen vorgibt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein "Konflikt" auftritt, groß. Solange Menschen selbst nach Lösungen suchen, werden sie Interesse haben, aktiv daran zu arbeiten. Vielleicht hat der Vorgesetzte eine gute Idee – doch ein guter Manager wird diese nicht vorschlagen. Er weiß, dass "seine Lösung“ das Problem sein wird und deswegen stellt er Fragen und lässt seine Mitarbeiter aktiv weiter daran arbeiten. Vorgesetzte sollten in der Lage sein, zu reflektieren und Feedback zu geben und sie sollten an sich arbeiten, um diese Fähigkeiten zu verbessern. Das Anwenden von Job Relations und sich darin die Fähigkeiten anzueignen, gehört sicher zu den Aufgaben des Managements. Für die Anwendung von Job Instruction ist es eher wichtig, dass das Management gute Bedingungen dafür schafft: Zeit geben zum Anleiten und um Standards herauszufinden oder manchmal an die Notwendigkeit von Job Instruction zu erinnern und bei Bedarf Schulungen anzustoßen. Der Bedarf für Job Instruction hängt ab von den bisherigen Problemen und den Zielen für die Zukunft. Abhängig davon werden Arbeitsstandards und Unterweisungen entwickelt oder Mitarbeiter lösen konkret Probleme.
Unterstützende Systeme
Abhängig von der Organisationsentwicklung und dem Bedarf sollte das Management überlegen, welche Fähigkeiten bei Mitarbeitern und Supervisoren zu entwickeln sind. Fehlt es an Kompetenzen zum Anleiten oder brauchen die Supervisoren auch Problemlösungsfähigkeiten (für technische oder für Mitarbeiterprobleme). Inwiefern wollen wir die Fähigkeit entwickeln, Dinge in Fragen zu stellen, damit mehr kleine neue Ideen entstehen? Und wie sieht es mit Arbeitssicherheit aus? Braucht es einen speziellen Fokus? Abhängig von der Situation sollte das Management die zusätzliche Kompetenzentwicklung der Supervisoren konkretisieren. Dazu kommen auch andere Methoden in Frage. So kann zum Beispiel beim Erlernen von Job Methods das Ideensystem verbessert werden oder bei der Umsetzung von Job Relations können zusätzliche Trainings (z.B. Feedback, Kommunikationstraining) eingeplant werden. Wenden Sie immer nur das an, was wirklicherforderlich ist. Und unterschätzen Sienicht, dass es Zeit braucht bis eine Fähigkeitnachhaltig beim Supervisor verinnerlicht ist.Dazu braucht es regelmäßige Übung. GehenSie deshalb lieber nicht zu viele Kompetenzentwicklungengleichzeitig an. Ideal ist es,wenn das Management schon im Vorfeldden Supervisoren hilft, diese Fähigkeiten zu entwickeln. Dabei kann die Personalabteilungeine hilfreiche Rolle spielen, indemsie zusammen mit dem Management einKompetenzentwicklungsprogramm entwickelt.Wichtig ist, dass das Management regelmäßigund mit Respekt die Entwicklungder Supervisoren verfolgt, was für vieleerst einmal ungewohnt sein kann. Deshalbein Appell an das Management: BeginnenSie, Ihre Fähigkeiten in Coaching und JobRelations zu entwickeln. Von dem VorzeigeunternehmenToyota wissen wir, dassdort das Leitbild verfolgt wird, Dinge undMenschen zu entwickeln (Monozukuri undHitozukuri). Da man dort verstanden hat,dass es zu weniger Verlusten kommt, wenn Mitarbeiter mehrere Aufgaben erledigen können (Multiskill-Mitarbeiter), wurdedieses als Strategie formuliert. Toyotabegann, Arbeitsstandards festzulegen:Wie sehen das gewünschte Produkt, dergewünschte Prozess und die gewünschten Aufgaben aus, wenn alles richtig gemachtwird? Dann fingen die erste Vorgesetztenan, die Mitarbeiter in den hierfür notwendigenTätigkeiten zu unterweisen. Überden Marshallplan kam in den 1940er/50erJahren das TWI Programm nach Japan undes passte sehr gut in die Philosophie vonToyota. Somit wurde Job Instruction undspäter auch Job Relations Teil von ToyotasProgramm für Kompetenzmanagementund Entwicklung von Mitarbeitern undFührungskräften. Unter den Mitarbeiternwerden potenzielle Supervisoren ausgewählt.Diese erhalten ein Training über dasToyota-Productionssystem, Job Instructionund Job Relations und sie werden vonihren Vorgesetzten angeregt, die erlerntenFähigkeiten durch regelmäßiges Üben weiterzuentwickeln,bevor sie den Posten desSupervisors erhalten.

