Müssen wir Fehler machen, um zu lernen?

Mit KATA und TWI gemeinsam zur lernenden Organisation!

Es wurde viel über die lernende Organisation, Change Management und innovative Unternehmen geschrieben. Immer geht es um die Fragen: Wie führt man ein Unternehmen zur Weltklasse? Oder ist Führung nicht notwendig? Wie lernt ein Unternehmen? Durch Ausprobieren? Oder durch Teilen von Wissen? Sollte man eher standardisieren oder lieber experimentieren und neue Wege gehen? Diesen Fragen gehen wir in diesem Beitrag nach.

 

Klar ist, dass ein erfolgreiches Unternehmen eine starke Vision hat und in der Lage ist, diese gemeinsame Vision allen mitzuteilen und zu erreichen, dass alle gemeinsam in diese Richtung arbeiten. Nach den Ausführungen von Peter M. Senges Buch "Die fünfte Disziplin: Kunst und Praxis der lernenden Organisation" braucht die lernende Organisation noch mehr:

  1. Menschen, welche die Vision konkretisieren und so die kreative Spannung zwischen der Vision und der Realität halten können,

  2. gemeinsame und reflektierte mentale Modelle, die Entscheidungen unterstützen, 

  3. Lernen im Team und

  4. systemisches Denken.

 Der Unterschied liegt augenscheinlich darin, dass Menschen in diesen Unternehmen nicht nur machen, was von ihnen erwartet wird, sondern dass sie mehr tun, als sich nur an die Spielregeln zu halten. Von einem Arbeitsmodell mit Mitarbeitern, die Regeln einhalten, verschiebt sich das System in Richtung sinnstiftendes Engagement jedes Einzelnen. In diesem Artikel betrachten wir, wie die Toyota KATA und TWI im Kontext von "Konkretisierung der Vision", "Modellbildung" und vor allem "Lernen in Teams" einen Beitrag zum Unternehmenserfolgleisten können.  Wir sehen neben anderenAspekten, vor allem zwei Handlungsfelderfür die lernende Organisation:

1. Lernen im Sinne von dazulernen, also neues Wissen schaffen. Sei es neues Wissen für eine Organisation oder gänzlich neues Wissen (Toyota KATA).

2. Lernen im Sinne von Wissensübertragung, also dem effizienten und effektiven Teilen und vermitteln von bereits vorhandenem Wissen (TWI Job Instruction).

Wir möchten Sie in beide Themen kurz einführen, das Zusammenspiel und die Abgrenzung der beiden Methoden im Sinne der Unternehmensentwicklung aufzeigen und Ihnen damit einen Denkanstoß geben. 

Toyota KATA

Wenn Unternehmen die Toyota KATA anwenden, lernen die Beteiligten in der Organisation wissenschaftliche Denk und Handlungsmuster zur kontinuierlichen Verbesserung. Anhand der Verbesserungskata lernen "Verbesserer"(auch Coachee genannt), wie sie dasVerbessern durch eine strukturiertewissenschaftliche Methode verfolgenkönnen. Der "Coach" hilft dem Verbessererregelmäßig dabei, die Routinen inder täglichen Anwendung zu trainierenund dabei dieses Denken und Tun tatsächlichin der Praxis anzuwenden undzur Routine zu machen.Ziel dieser tagtäglichen Anwendungist es, dem Coach und dem Verbessererzu helfen, deren Verbesserungs undInnovations-Fähigkeiten weiter zuentwickeln. Der Coach lehrt seinemCoachee, das KATA-Denkmuster anzuwenden.Somit entwickelt er beimCoachee die Fähigkeit des Verbesserns.Der Coach selbst lernt aber auch: StattLösungen vorzugeben, den Mitarbeiteranzuleiten, damit dieser selbst zu einerLösung kommt. Gemeinsam lernenbeide, wie die gemeinsame Vision undder zugehörige definierte Ziel-Zustandzu erreichen sind: Durch ExperimentierenSchritt für Schritt und dem Lernendaraus.Bei Anwendung der KATA in der Praxissind eine gemeinsame Vision und einkonkreter Ziel-Zustand wichtig. Mitder Frage: "Was ist der Ziel-Zustand?"fängt jedes Coaching an. Um dann mitder Reflexion zu folgen: Was ist der momentane Ist-Zustand? Was war Deinletzter Schritt? Was hattest Du erwartetund was ist tatsächlich eingetreten?Aus dieser Reflexion nach jedem Experimentwird das Gelernte von Coach undCoachee konkret geteilt. Hiermit wird esmöglich, das Gelernte auch an andereKollegen zu kommunizieren und Wissenzu übertragen. Da dieses Coaching regelmäßigstattfindet, wird ein Denkmustereingeprägt und ein gemeinsames Verbesserungsverhaltenerlernt. Die Fragesystematikder KATA unterstützt denPDCA-Zyklus.Bei der Anwendung der KATA steht alsonicht das "Erreichen von Verbesserungszielen"an erster Stelle, sondern dasErlernen einer strukturierten Verbesserungsmethode.Die Rolle des Coacheswird meistens von einer Führungskrafteingenommen, die auf diese Weise lernt,ihre Mitarbeiter zu unterstützen, ohnedie Lösung vorzugeben. Die Mitarbeitersetzen selbstständig weitere Verbesserungenum. So werden das Wissenüber die Inhalte der Arbeit, aber auchdie Fähigkeit zum wissenschaftlichenVerbessern gesteigert. Logischerweisewerden damit auch Ziel-Zuständeerreicht – dies ist wichtig, damit dieBeteiligten für ihre Coachings und dieVerbesserungsarbeit „belohnt“ werden.Diese Erlebnisse motivieren und sind einAnsporn, weiterzumachen. 

TWI

Unterschiedliche Unternehmen wenden TWI an. Einige beschränken sich auf "Job Instruction" (JI). Das ist die Methode, mit der man Mitarbeiter anleitet. Ziel dabei ist, dass sie sich schnell einprägen, wie sie ihre Arbeit gut, sicher und gewissenhaft ausüben können. Damit lernen "Anleiter" wie man Menschen strukturiert Tätigkeiten beibringt. Der "Anleiter" lernt den "Lernenden" direkt in der Praxis an in Form von Einzelunterricht. Dabei sorgt der Anleiter dafür, dass der Lernende nicht mehr Inhalte bekommt, als er auf einmal verarbeiten kann. Neben Job Instruction kann mittels TWI auch die Fähigkeit zum Führen (Job Relations) und die Fähigkeit, Methoden zu verbessern (Job Methods) erlernt werden. Ziel ist es, Führungskr.fte zu entwickeln, damit diese ihre Mitarbeiter so führen, dass sie die tagtäglichen Anforderungen meistern können. Ohne Fehler oder Abweichungen. Mit einer guten Führung und durch gutes Anleiten sind Führungskräfte in der Lage, eine stabile Leistung zu erzielen. So kann Stabilität geschaffen werden. Mit Job Methods können zusätzlich noch kleine Verbesserungen in der Arbeitsweise erreicht werden. Bei TWI Job Instruction wird auch nach einem strukturierten Vier-Schritte-Muster gearbeitet. Zuerst erfolgt das Anlernennach Plan: Es steht fest, wer was wannlernen soll und es ist auch geklärt, wiedann die Arbeit genau vor Ort gemachtwerden soll. Die Unterweisung selbstläuft ebenfalls nach einem festen Muster:Der Mitarbeiter wird vorbereitet, dieTätigkeit wird einige Male vorgemachtund Schritt für Schritt werden dazu dieArbeitsschritte und die Art, wie dieseausgeführt werden (Schlüsselpunkte),erklärt. Es werden nochmals die Gründeerklärt, warum die Arbeit so gemachtwerden soll. Nach dem Vormachen undErklären, kommt die Arbeitsprobe. Dabeiwiederholt der Lernende die Tätigkeiteinige Male und erklärt das Gelernte demAnleiter. Dies erfolgt so lange, bis derAnleiter sicher ist, dass der Mitarbeiterdie Arbeit richtig macht und alles verstandenhat. Im Nachgang startet der Lernendedamit, seinen Ablauf selbstständigdurchzuführen. Der Anleiter überlegt, wieer den Lernenden weiter unterstützenkann.Auch bei TWI steht das Erlernen einerFähigkeit an erster Stelle: Der Lernende übt die Tätigkeit und erklärt diese dabei. Dies erfolgt so oft, bis der Lernende die Tätigkeit verinnerlicht hat. Auch der Anleiter wiederholt die Tätigkeit des Anleitens nach dem Vier-Schritte-Muster, bis er diese verinnerlicht hat. Die Idee ist auch hier, dass nur durch regelmäßige Wiederholung Fähigkeiten erlernt werden können. Die Fähigkeiten des Führens und des Verbesserns von Verfahren erfolgen nach dem Vier-Schritte-Muster und werden durch wiederholte Anwendung gelernt. Und ja, auch hier werden bei regelmäßiger Anwendung aktuelle Probleme gelöst und somit werden Ergebnisse während der Anwendung erreicht. Dies ist auch hier wichtig, da es alle motiviert, diese tagtäglichen Routinen weiter anzuwenden.

Übereinstimmungen und Konflikte zwischen KATA und TWI

Beide Vorgehensweisen, TWI und KATA, wurden entwickelt, um Menschen dabei zu helfen, Fähigkeiten zu entwickeln. Bei dem Erlernen dieser Fähigkeiten steht Wiederholung im Mittelpunkt: Der Körper soll die Aufgabe so lange ausführen, bis das Verhalten im "Unterbewussten" aufgenommen wurde und somit auf eine unbewusste und routinierte Fähigkeitsebene gekommen ist. Somit wird gesichert, dass das Verhalten nachhaltig bleibt. Damit wird die Organisation gestärkt, um Verbesserungen umzusetzen und zu sichern. Bei der strukturierten Anwendung wird bei beiden Methoden ein "Strukturierter Ablauf anhand einer Karte" verwendet. Dieses Hilfsmittel dient dazu, dass sich die betroffene Person beim Üben voll und ganz auf die Methode konzentrieren kann. Am Anfang sieht man, dass Menschen eine Neigung dazu haben, nach einem alten Muster vorzugehen. Das Erlernen der neuen Fähigkeiten beinhaltet oft gleichzeitig, dass auch alte Gewohnheiten "verlernt" werden müssen. Die Karten helfen dabei, das neue Muster zu üben bis es die alte Gewohnheit "überspielt" hat.

Kritische Punkte bei KATA und TWI

In der KATA-Praxis werden jeden Tag Experimente definiert und durchgeführt. Durch das Ausführen von Experimentenwird sich je nach Variation die Leistungsteigern, da Experimente unterschiedlicheErgebnisse bringen. Nur wennman verschiedene Variationen ausprobiert,wird man zu neuen Erkenntnissenkommen.Dies bedeutet: Wenn wir neue Wegesuchen (Lösungen, die uns zum Ziel-Zustand bringen sollten), werden wiruns vom Ziel weg bewegen und darauslernen. Da die Anwendung der KATA zuneuen Wegen führen soll, werden auchFehler entstehen. Und dann hört manden Spruch: "Man kann nur aus Fehlernlernen". Bei der KATA werden Fehlerbegrüßt, da sie Lernen ermöglichen.Bei TWI und insbesondere bei Job Instructionsteckt die Intention dahinter, dass wir vermeiden wollen, dass MenschenFehler machen. Dies verwirrt die Menschen,da sie gehört haben, dass man ausFehlern lernen kann. Da beim Anlernenvon Mitarbeitern schon ein standardisierterguter Ablauf gefunden wurde, sindwir in der Lage, Menschen die Tätigkeitfehlerfrei beizubringen.Die Organisation hat bereits eine besteVorgehensweise festgelegt. Deshalb istder Anleiter in der Lage, die Mitarbeiter nach dieser Vorgehensweise anzulernen.Wenn ein Lernender eine Tätigkeit falschbeigebracht bekommt, wird es nachherwieder viel schwieriger für ihn sein,die richtige Vorgehensweise zu lernen.

Oft scheint es so, dass ein Fehler sich leichter einprägt und dann kostet es viel Energie, das alte Muster wieder loszulassen (denken Sie mal an die falsche

Schlägerhaltung beim Tennis oder die falsche Schießtechnik beim Fußball. Die Trainer hatten dann immer viel Arbeit, uns diese alten Muster wieder abzutrainieren). Es stellt sich auch die Frage, inwiefern wir Mitarbeiter nach Standard anlernen sollten. Durch "nur den Standard zu übernehmen“ töten wir die Kreativität der Mitarbeiter und es können mögliche Lösungen oder bessere Vorgehensweisen übersehen werden. Andererseits gibt es gute Gründe für eine Standardisierung. Wenn es keinen Unterschied geben würde, wie man die Arbeit macht, würde es auch keine Notwendigkeit für einen Standardablauf geben. In der Vergangenheit haben Kollegen (mithilfe der Verbesserungskata oder einfach als Vorbereitung auf die Unterweisung) die bisherige beste Vorgehensweise festgelegt. Damit besteht die Notwendigkeit für ein gemeinsames Vorgehen. 

Neues Wissen erschließen,verfügbar machen und verankern

Durch die Experimente anhand der KATA können alle Beteiligten neues Wissen und neue Vorgehensweisen erlernen. Mittels TWI Job Instruction können wir dieses Wissen und diese Vorgehensweisen in der Organisation verankern, damit die Ergebnisse auf dem Weg zum Ziel-Zustand dann auch wieder gesichert werden. Wenn Wissen schon da ist, kann dieses mittels TWI verbreitet und geteilt werden. Das Erschließen von neuem Wissen geschieht anhand der Verbesserungskata und es wird erst nach Erzielen der gewünschten Ergebnisse standardisiert. Dieses Wissen zu erschließen und es nachhaltig in der Organisation zu verankern macht Unternehmen besser und stärker. Aber der Vorteil steckt nicht nur in den Ergebnissen, sondern in den gestärkten Fähigkeiten der Menschen: Wenn diese in der Lage sind, ständig neue Lösungen zu finden und innerhalb der Organisation zu verankern, wird langfristig die Organisation in der Lage sein, sich in Zukunft viel schneller und besser auf ihre Ziele und ihre Vision zuzubewegen.

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